Mit Urteil vom 05.06.2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) über die Zuflussfiktion von nicht
ausgezahlter Tantieme an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer entschieden.
Im Urteilsfall war im Geschäftsführervertrag geregelt, dass der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer neben seinem monatlichen Bruttogehalt eine Tantieme in Höhe von 20% des Jahresgewinns, jedoch maximal 30% seiner Festvergütung, erhält. Jedoch wurden die vereinbarten Tantiemen in den drei Streitjahren weder ausgezahlt, noch hatte die Gesellschaft entsprechende Verbindlichkeiten in den Jahresabschlüssen ausgewiesen. Auf privater Ebene des Gesellschafter-Geschäftsführers wurde ebenfalls nur das reguläre Bruttogehalt als Einnahme erklärt.
Das Finanzamt änderte jedoch im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung die Einkommensteuerfestsetzungen dahingehend, dass es auch jeweils die Tantiemen als Einnahmen berücksichtigte. Begründet wurde dies damit, dass der Gesellschafter Geschäftsführer selbst bestimmen könne, wann die Tantieme Auszahlung stattfindet. Daher gelten die Tantiemen in derartigen Fällen bereits zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung als zugeflossen, unabhängig davon, ob und wann ein tatsächlicher Zufluss stattfindet. Fällig wird der Tantiemeanspruch mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.
Der BFH bestätigte zwar seine ständige Rechtsprechung dahingehend, dass Einnahmen aus Tantiemeforderungen
gegen seine Kapitalgesellschaft einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bereits bei Fälligkeit zufließen.
Jedoch wurden im vorliegenden Fall keine Tantieme Verbindlichkeiten in den Jahresabschlüssen festgestellt, demnach seien die strittigen Tantiemeforderungen des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht fällig geworden und dürfen daher auch in den Einkommenssteuerfestsetzungen nicht berücksichtigt werden. Unerheblich ist dabei auch, dass die entsprechenden Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen.
Die Sache wurde wurde jedoch ans Finanzgericht zurückverwiesen, um zu klären warum die Tantiemen nicht ausgezahlt beziehungsweise entsprechende Forderungen des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht als Verbindlichkeiten passiviert worden sind. Denn insbesondere ist nicht zu erkennen, ob der Kläger einvernehmlich mit der GmbH die Tantiemezusage vor der Entstehung der Tantiemeansprüche zum jeweiligen Jahresende aufgehoben hat oder ob der Kläger auf die bereits entstandenen Tantiemeansprüche verzichtet hat. In letzterem Fall wäre eine verdeckte Einlage der Forderungswerte der Tantiemeansprüche in die GmbH zu bejahen.
Auch im Hinblick auf das aktuelle Urteil sind gerade die Tantiemeansprüche im Rahmen der Bilanzerstellung genau zu
prüfen. Sollten die tatsächlich gelebten Tantiemezahlungen nicht mehr mit den Vereinbarungen im Geschäftsführervertrag übereinstimmen, ist dieser zwingend anzupassen, um eine Besteuerung im Nachgang beispielsweise als verdeckte Einlage zu vermeiden.