Seit 2019 differenziert das Umsatzsteuergesetz zwischen Einzweck-Gutscheinen, deren
Ausgabe und Übertragungen jeweils steuerbar sind, und Mehrzweck-Gutscheinen, die
erst mit Einlösung zu einem steuerbaren Umsatz führen.
Ein Einzweck-Gutschein liegt nur dann vor, wenn der Ort der Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die geschuldete Steuer im Zeitpunkt der Übertragung des Gutscheins bereits feststehen. Andernfalls liegt ein Mehrzweck-Gutschein vor.
Da der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelte wie sich Vertriebsketten auf den Leistungsort auswirken, rief er in einem Vorabentscheidungsersuchen den EuGH an. Dieser äußerte sich nun in seinem Urteil vom 18.04.2024 dazu.
Im Urteilsfall kaufte ein Unternehmen Gutscheinkarten (vorliegend für den Sony-PlayStation Store, PSN Cards) von Zwischenhändlern aus dem EU-Ausland ein und verkauft sie an Endkunden. Die Erwerber können mithilfe der PSN
Cards Guthaben auf ihr Nutzerkonto laden und damit im PlayStation Store digitale Inhalte beziehen. Die strittigen PSN Cards haben eine deutsche Länderkennung. Nach den Vorgaben von Sony können sie nur von solchen Nutzerkonten eingelöst werden, die auf eine deutsche Adresse registriert sind. Sony fordert seine Nutzer zur wahrheitsgemäßen Dateneingabe auf.
Das Unternehmen ging daher in ihren Steuererklärungen davon aus, dass es sich bei den PSN-Cards um Mehrzweck-Gutscheine im Sinne des § 3 Abs. 15 UStG handele, da bei deren Erwerb der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Endkunden nicht sicher sei. Allein die Länderkennung der PSN-Cards lasse keine sichere Bestimmung zu und die Angaben der Nutzer bei Eröffnung der Nutzerkonten würden nicht geprüft. Folgerichtig unterwarf das Unternehmen die Ausgabe der Gutscheine nicht der Umsatzsteuer.
Demgegenüber ging das Finanzamt davon aus, dass es sich bei den PSN-Cards um Einzweck-Gutscheine gemäß § 3 Abs. 14 UStG handele, da sie nur von Kunden mit Wohnsitz in Deutschland und deutschem Sony-Nutzerkonto eingelöst werden konnten.
Die Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen sei steuerpflichtig, weshalb das Finanzamt Umsatzsteuer in entsprechender Höhe festsetzte.
Nach Auffassung des BFH stehen Leistungsort und Steuer für die von den PSN Cards verkörperten Leistungen an den
Endkunden fest. Bei vertragsgemäßer Nutzung seien die PSN Cards aufgrund der Länderkennung nur für im Inland
steuerbare elektronische Dienstleistungen zum Regelsteuersatz einlösbar.
Allerdings hat der BFH Zweifel, wie sich die zuvor stattfindenden grenzüberschreitenden B2B-Übertragungen der
PSN Cards auf die Qualifizierung der Gutscheine auswirken. Sieht man die PSN Cards als Einzweck-Gutscheine an, gilt
jede Übertragung als die Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht.
In seinem Urteil führt der Europäische Gerichtshof nun deutlich aus, dass es für die zentrale Frage, ob der Ort der Leistung feststeht, nicht darauf ankommt, ob eine missbräuchliche Verwendung durch den Einlösenden ggf. zu einem abweichenden Leistungsort führen könnte.
Vielmehr liegt ein Einzweck-Gutschein schon dann vor, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen die Bestimmung des Leistungsortes und des Steuersatzes möglich ist.
Vorhergehende Übertragungen des Gutscheins zwischen wiederverkaufenden Unternehmern sind für den Charakter als Einzweck-Gutschein unerheblich.